Populationsheterogenität in industriellen Bioprozessen
Nachwuchsgruppe Dr. Anna-Lena Heins

Populationsheterogenität tritt besonders in großvolumigen industriellen Bioprozessen auf und zeichnet sich durch das ungleiche Verhalten von Zellen einer isogenen Population aus. In technischen Bioreaktoren bilden sich durch unzureichende Durchmischung Gradienten (beispielsweise Substratkonzentrationen) aus, wodurch Zellen an verschiedenen Stellen im Reaktor unterschiedlichen Mikroumgebungen ausgesetzt sind. Da nicht alle Zellen den gleichen Weg zurücklegen und zusätzlich unterschiedlich reagieren können, entsteht im Prozessverlauf eine heterogene Zellpopulation. Als Konsequenz kann es in industriellen Bioprozessen zu geringeren Ausbeuten und verstärkter Nebenproduktbildung im Vergleich zum (ideal durchmischten) Labormaßstab kommen.
Ziel dieser Nachwuchsgruppe ist zunächst die Charakterisierung von Populationsheterogenitäten wie sie in technischen Prozessen auftreten können. Im Zuge dessen sollen zum einen im Labormaßstab gezielt Inhomogenitäten experimentell erzeugt und zum anderen die Ausbildung von Subpopulationen analytisch erfasst werden, um zu einem besseren quantitativen Verständnis von Populationsheterogenitäten, deren Ursachen und deren Kontrolle gelangen zu können.
Dazu soll Populationsheterogenität, wie sie sich in Verteilungen von Einzelzelleigenschaften erfassen lässt, am Beispiel von Escherichia coli unter verschiedenen industriell relevanten Reaktionsbedingungen untersucht werden. Um das Entstehen und den zeitlichen Verlauf von Populationsheterogenität in vivo verfolgen zu können, sollen verschiedene zelluläre Reporterproteine zum Einsatz kommen. Dazu wird die Expression von unterschiedlich fluoreszierenden Reporterproteinen an ausgewählte zelluläre Eigenschaften gekoppelt, so dass beispielsweise die Wachstumsraten einzelner Zellen als Fluoreszenzverteilung detektiert werden können. Diese Verteilungen können mit Hilfe der Durchflusszytometrie erfasst werden. So können zeitliche Veränderungen zum Beispiel der Verteilung der Wachstumsraten, der Produktbildungsraten und/oder anderer Stoffwechseleigenschaften einer Population als Funktion der Prozesszeit in Bioreaktoren mit unterschiedlich guter Durchmischung beobachtet werden.
Aktuelle Forschungsarbeiten
- Online Analyse von Populationsheterogenität
- Kontrolle von Populationsheterogenitäten bei der mikrobiellen L-Phenylalanin-Herstellung
- Analyse von Populationsheterogenität mit Reporterstämmen
Publikationen
- Hoang MD, Doan DT, Schmidt M, Kranz H, Kremling A, Heins A-L (2023): Application of an Escherichia coli triple reporter strain for at-line monitoring of single-cell physiology during L-phenylalanine production. Eng Life Sci 23: e2100162.
- Doan DT, Hoang MD, Heins A-L, Kremling A (2022): Applications of coarse-grained models in metabolic engineering. Front Mol Biosc 9: 806213.
- Heins A-L, Hoang MD, Weuster-Botz D (2022): Advances in automated real-time flow cytometry for monitoring of bioreactor processes. Eng Life Sci, 22: 260-278.
- Heins A-L, Reyelt J, Schmidt M, Kranz H, Weuster-Botz D (2020): Development and characterization of Escherichia coli triple reporter strains for investigation of population heterogeneity in bioprocesses. Microb Cell Fact 19:14.
- Heins A-L, Lundin L, Nunes I, Gernaey KV, Sørensen SJ, Lantz AE (2019): The effect of acetate on population heterogeneity in different cellular characteristics of Escherichia coli in aerobic batch cultures. Biotechnol Prog 35: e2796.
- Heins AL, Weuster-Botz D (2018): Population heterogeneity in bioprocesses: origin, analysis, mechanisms, and the future perspectives. Bioproc Biosys Eng 41: 889-916.